2.500 Jahre Karneval in Briedel??

 

Auf dem Gebiet der Gemeinde Briedel wurden mehrfach Steinbeile und Speerspitzen gefunden, die die Anwesenheit von Menschen schon in der Jungsteinzeit (Neolithikum), also ca 3.500 v. Chr., d.h. vor ca. 5.500 Jahren, bekunden.

Auf der Briedeler Hecke sind entlang der alten Römerstraße mehrere Gruppen von Grabhügeln gefunden worden.

Untersuchungen bei Ausgrabungen in den Jahren 1875, 1935 - 1937 und 1953 - 1954 ergaben, daß diese Grabfelder von der späten Hallstattzeit (etwa 7. Jh. v.Chr.) bis weit in die Zeit der Römerherrschaft (3. Jh. n.Chr.) belegt wurden.

Bei diesen und auch frühren Grabungen wurden viele vorgeschichtliche Funde, z.B. Späthallstattgefäße mit Wendelringeindrücken, römische Urnen und sonstige Trink- und Essgefäße gefunden.

Offensichtlich haben schon unsere Vorfahren den leiblichen Genüssen wie Essen und Trinken einen hohen Stellenwert beigemessen, indem Sie ihren Toten entsprechende Grabbeigaben mitbestatteten, damit diese im Jenseits fröhlich weiterfeiern konnten.

Die Reste der römischen Kelteranlage bezeugen, dass schon vor rund 2000 Jahren der Briedeler Wein ein Begriff im ganzen römischen Reich war.

Claudius Maternus berichtete 291 über das Briedeler Kelterhaus: "Ernte und Weinlese können iwr nicht mehr bewältigen" und Konstantinus I. Chlorus, der römische Statthalter in Trier hatte bei seiner Rückkehr nach Rom im Jahre 293 n.Chr. auch Briedeler Wein im Reisegepäck. Und dieser soll, so die Kunde, Kaiser Diokletian sehr gemundet haben.

Der Hl. Martin, Bischof von Tours kam im Jahre 384 auf dem Rückweg von Trier, wo er vom Kaiser empfangen wurde, durch Briedel. Er besuchte seinen Kameraden aus alten Offizierstagen bei der römischen Legion, der auf dem römischen Gutshof (Villa) auf der Briedeler Heck seinen Altenteil verlebte. Aussagen, wie dem Hl. Martin der Briedeler Wein schmeckte, sind uns leider nicht überliefert.

Später war es dann nochmals Kardinal Nikolaus Cusanus, der Briedeler Weine aus dem Geburtsort seiner Mutter, seinen Gästen in Rom kredenzte.

Besonders für uns Karnevalisten interessant sind jedoch Fragmente von Masken aus Tonschiefer, die in den Gräbern mehrfach gefunden wurden. Ob es sich hierbei um um Kultmasken eines keltischen Druiden oder schon um frühkarnevalistische Masken handelt, ist bei den Archäologen und Historikern derzeit noch umstritten.

Im Mittelalter war Briedel unter der Kuratel von Klöstern und der kurtrierischen Kirche. In den Annalen wird des öfteren von ausgelassenen, ja exzessiven Feiern (siehe: Das Schöffenmal zu Briedel, 1643) berichtet.

Die alten keltischen Bräuche wurden in Briedel offensichtlich über die Jahrhunderte hinweg ausgiebig gepflegt.

Der Visitationsbericht des Jahres 1720 (s. Bistumsarchiv Trier und Lorenzi II, 1887, S. 478) nimmt auf die zu dieser Zeit üblichen Gewohnheiten Bezug, der die Briedeler trotz der vorangegangenen vielen Kriegsjahre als fröhliches Volk erkennen läßt.

Der Vikar von Briedel führte beim Visitator damals Klage über nächtliche Tanzbelustigungen, über Kartenspiel an Sonntagen und über Gelage am 1. Fastensonntag.

Besonders eigentümlich war ihm auch der im Dorfe übliche Brauch, am Aschermittwoch die übriggebliebenen Schinken und Knochen zu vergraben.

Das Protokollbuch der Sendschöffen von 1721 berichtet uns u.a. darüber, daß einige Junggesellen gegen das Verbot des Pastors einen lutherischen Spielmann engagiert hatten und am Aschermittwoch mit ihren Kameraden auf die Marienburg gegangen seien und dort „tags und die darauf folgende Nacht getanzt" hätten. Ihnen wurden 6 Pfund Wachs als Kirchenstrafe andiktiert, die aber nicht eingelöst wurden.

Über verhängte Kirchenstrafen für „unerlaubtes Tanzen" wird in den Kirchenbüchern noch des öfteren berichtet, so zuletzt 1784, als elf Junggesellen, die alle namentlich aufgeführt sind, jeder 9 Albus Kirchenstafe erhielt, weil sie nach Dreikönigen nachts getanzt hätten.

Offensichtlich feierte man hier ausgiebig die Sessionseröffnung.

Strafandrohungen in der Polizeiordnung von 1750: z.B.

- Wenn einer sich in der Öffentlichkeit ungebührlich aufführet (mit Fressen und Trinken)

- wenn einer Lügen über einen anderen erzählet,

- wenn einer etwas über einen anderen erfährt und selbiges ungebührlich kundtut, u.s.w.

waren sicherlich Probleme der Dorfgemeinschaft im ganzen Jahr, und nicht mit dem heutigen Verständnis von Karneval in Verbindung zu bringen.

In der späteren französischen und der preussischen Zeit, die ja als die Geburtsstunde des organisierten rheinischen Karnevals angesehen wird, sind in Briedel nur wenige Eintragungen in den Geschichtsbüchern, die vom ausgelassenen Feiern o.ä. berichten. Der starke kirchliche Einfluss hielt den preussischen Militarismus und die darauf fussenden Persiflagen in Grenzen.

Erst im Zeitalter der Industrialisierung Ende des 19. Jh. kamen die Briedeler Bürger vermehrt über die Grenzen Ihres Ortes hinaus. Die starke Bindung an Scholle und Rebe, die über Jahrhunderte hinaus Dreh- und Angelpunkt der Bevölkerung und des dörflichen Lebens war, lockerte sich und die vorher oft abgeschotteten Einflüsse von außen nahmen zu.

Der „bazillus karnevalis" infizierte die Briedeler, was letztendlich im Jahre 1951 mit der Gründung der Karnevalsgesellschaft Briedel zum organisierten Briedeler Karneval führte.

Auszug aus der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der Karnevalsgesellschaft Briedel 1951 e.V.

Hermann Thur

Drucken