Die Tierfreunde

Wolfgang Diederich

 

Zur Kaiserzeit lebten in Briedel drei Brüder mit ihrer Schwester in einem gemeinsamen Haushalt. Alle waren von ungewöhnlicher Körperkraft und derber Wesensart. Oft arbeiteten sie in ihrer Lohhecke; sie steigerten alle drei Jahre ein anderes Lohstück und schälten große Teile der Rinde von den Eichenstämmen. Nachher schlugen sie sämtliche Hölzer ab, um abwechselnd Korn und Kartoffeln zwischen den Wurzelstöcken anzubauen, schichteten die Holzstangen am Wegrand auf und fuhren sie später nach Hause. Für den Transport konnten sich die meisten Menschen an der  Mosel nur Kühe leisten, die zu jeder Zeit in allen Dörfern nützliche und unentbehrliche Hausgenossen unserer Vorfahren waren.

Also spannten die drei Brüder einst ihre Kuh vor den Wagen, nachdem sie wieder eine Fuhre Holz vorbereitet hatten. Als sie schon ein gutes Stück von ihrem Haus in Richtung Briedeler Heck entfernt waren, befiehl sie ein mitleidvolles Gefühl ihrer treuen „Gefährtin“ gegenüber. Unter der rauen Schale regte sich eine seltsame innere Zuneigung zu dem Tier, das sich unter der Last des Wagens den Weg hinaufquälte. Einstimmig beschlossen sie, es von seinen Mühen zu erlösen.

Kaum, das  sie die Kuh ausgespannt hatten und einer sie zurückführte, fasten sich die beiden anderen ein Herz und schoben den Wagen selbst zu dem Lohstück. Während sie ihn beluden, eilte ihnen ihr Bruder bis dorthin nach. Er musste ihnen dringend helfen, das schwere Gefährt zurück zu befördern, was besonders im „Reiler Stich“ eine außerordentliche Kraftanstrengung erforderte und den Leuten die auf der Briedeler Heck arbeiteten, nun erst recht ein merkwürdiges Schauspiel bot. An jenem Tag sahen sie nämlich drei starke Männer anstelle eines Rindviehs einen Wagen voll Stangenholz nach Briedel ziehen.

 

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