Rundgang durch Alt-Briedel


Herzlich willkommen bei uns zum Rundgang durch den historischen Ortskern von Briedel.
Die ersten Siedlungsspuren unserer keltischen Vorfahren entstammen der Eisenzeit (ca 700 v.C.). Die Römer brachten uns schon den Weinbau, was durch die Reste der römischen Kelteranlage (heute Grafenkelterhaus auf der gegenüberliegenden Moselseite) belegt ist.
Im 5. Jahrhundert dann siedelten sich die Franken hier an und brachten das Christentum in die Region. Wahrscheinlich um 585 n.C. wurde unter merowingischer Herrschaft die erste St. Martins-Kirche in Briedel erbaut.
Eine Schenkungsurkunde vom 20. Mai 748 stellt die erste urkundliche Erwähnung von Briedel dar und ist einer der ältesten schriftlichen Belege für Weinbau im Moseltal. Unter dem Krummstab, d.h. unter klösterlicher und bischöflicher Herrschaft, ließ es sich im
Mittelalter in Briedel relativ gut leben. Mit dem Kauf umfangreicher klösterlicher Besitzungen und des Patronats- und Zehntrechts durch das Kloster Himmerod begann für den Ort eine Phase wirtschaftlicher Blüte, in deren Folge Briedel am 31. Mai 1376 die Stadtrechte verliehen wurden. Der Eulenturm und Reste der Ringmauer sind noch verbliebene Zeugen dieser Zeit.
Zwar haben auch Feuersbrünste und Modernisierungswahn an der alten Substanz gezehrt, aber viele erhalten gebliebene alte Fachwerkhäuser künden von den "guten" Zeiten. Auch warten eine große Zahl alter Häuser noch darauf, von ihrem alten Verputz befreit zu werden, um wieder im neuem Glanze zu erstrahlen.

Wir beginnen unseren Rundgang an der Fähre. Einladend zeigt sich die Moselfront des Dorfes und durch die Schluchten der Gassen sieht man die 1772-1776 erbaute barocke Kirche über dem Ort thronen.
Rechts vor uns ragt die alte Schule auf. Dieser an der Mosel seltene klassizistische Bau aus den Jahren 1832-1834 harrt derzeit der Renovierung. Ursprünglich dreigeschossig mit geschwungenen und gerade gearbeiteten Sandsteingewänden erbaut, wurde sie um 1867 um ein viertes Geschoss aufgestockt.
Durch das noch erhaltene Tor mit dem Himmeroder Wappen als Schlußstein, gelangen wir in den Himmeroderhof. Dieses, im Volksmund Mönchhof genannte Areal, wurde schon 956 als Besitz des Klosters St. Trond (bei Lüttich (Belgien) erwähnt. Hier residierten bis zur Säkularisation die Mönche und Verwalter des Klosters Himmerod, dem nach dem Landesherren in Trier zweitgrößten Landbesitzer im Ort. Danach diente es fast 200 Jahre lang als Pfarrhaus. Wertvolle Stuckdecken sowie die zweiflügelige Tür im Stil Luis XVI. sind noch gut erhalten. Das obere Tor wurde erstmals 1317 erwähnt.
An der Ecke zur Himmeroderstraße, die den Nordflügel der Ringmauer markiert, sehen wir ein schön proportioniertes, 1808 erbautes Winzer- und Gasthaus im klassizistischen Stil mit geschwungenem Mittelgiebel.
Ein paar Schritte weiter, und wir stehen vor dem stattlichen gotischen Giebel des Wohn- und Kelterhauses der Grafen von Sponheim. Dieses, um 1565 errichtete Fachwerk-Gebäude ruht auf einem massiven Sockelgeschoß mit einem seitlichen Sandsteinfries. Einer der Gründe dieser in Briedel oft anzutreffenden Bauweise ist es, die feuchtigkeitsempfindlichere Holzkonstruktion über den Gefahrenpunkt des Moselhochwassers anzuheben. In dem verheerenden Hochwasser von 1784 erlitt dieses Gebäude starke Beschädigungen.
Dahinter verbirgt sich ein weiteres Winzerhaus mit einem gut eingefügten modernen Anbau, dessen Hauptfront sich zur parallel verlaufenden Eltzerhofstraße zeigt. Hier lag für viele Jahrhunderte der Hof des Klosters Springiersbach.
In der Hauptstraße halten wir uns links und erblicken bald vor uns das mächtige, um 1870 aus Bruchsteinen von Moselschiefer erbaute Gasthaus "zum musikalischen Wirt". Vermutlich wurden zu Bau der weiteren umliegenden Bruchsteingebäude Steine aus der alten Stadtmauer verwandt.
Diagonal an der Kreuzung gegenüber zieht die "Grafschaft" unser Interesse auf sich. Dieses in U-Form um 1615 erbaute Fachwerkhaus, auch über einem massiven Erdgeschoss, birgt im Innern des turmartigen Anbaus eine mächtige Wendeltreppe aus Stein. Die sich links anschließenden Gebäude gehörten ursprünglich, ebenso wie die unterhalb gelegenen, zu der Anlage dazu. Der Innenhof mit seiner Freitreppe und der zweiflügeligen Rokokotür und der Schlußsteinkartusche "1767" gaben dem Gebäude ein fast schlossartiges Aussehen. Bauherren und erste Bewohner war die bedeutende Briedeler Bürgerfamilie Wirger, die allerdings um 1770, also kurz nach Fertigstellung des Eingangsportals, ausstarb. Eine prächtige Innenausstattung mit mächtigem Kamin und auch das schöne Gesims mit den Opferflammen zeugen von der Finanzkraft der Erbauer. Der Name bezieht sich auf die ursprünglich in Briedel reich begüterten und das Vogteirecht (Gerichtsrecht) ausübenden Grafen von Salm, deren Hofhaus möglicherweise früher an dieser Stelle gestanden hat.
Wenige Meter in die Bergstraße hinein und wir stehen vor einigen schönen, teils noch verputzten, Fachwerkbauten. Der Doppelbau des Hauses Römerstraße 6 zeigt seinen imposanten Giebel zwar zur Römerstraße hin, aber auch die Rückseite passt sich hier gut an.
82 Basaltstufen bringen uns hoch zur St. Martin-Kirche. Vom Vorplatz haben wir einen schönen Blick über die Dächer von Briedel. (Ein Faltblatt mit der Kirchengeschichte und der Beschreibung der Innenausstattung liegt dort für Sie aus.)
Zurück kommen wir auf den Brunnenplatz, der von einem liebevoll restaurierten Ensemble von Fachwerkhäusern gesäumt wird. Dominierend ist das aus dem Jahre 1621 stammende und bereits 1912/13 erstmals restaurierte Wohn- und Geschäftshaus. Es besticht durch die aufwendige Ausgestaltung der Fachwerkelemente, z.B. der Rosetten an der Stirnseite sowie einem Brüstungsfeld mit Doppeladlern an der linken Seite. Auffällig sind ferner die Ornamente auf einem Kopfstück, die Beil und Messer als Insignien des Metzgerhandwerks zeigen. Von einem Vorbesitzer liebevoll zusammengetragen finden wir vier Grenzsteine, die u.a. die Zeichen der Gemeinde Briedel, der Klöster Himmerod und Springiersbach zeigen.
Das restaurierte, ursprünglich aus zwei Häusern bestehende Fachwerkhaus links der Römerstraße ist in seiner Schlichtheit in Gegenpol zu seinem prächtigen Nachbarn. Ein Eckpfosten trägt die Jahreszahl 1594 und die Eingangstür zur Römerstraße datiert auf die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um das ursprüngliche Hof- und Kelterhaus des Erzbischofs und Kurfürsten von Trier.
Das aus dem Ende des 19. Jhd. stammende Fachwerkhaus Zehntstraße 2 passt sich gut ins Gesamtbild ein, verdeckt jedoch die Sicht auf die Frühmesserei, einem einstmals imposanten Winzerhaus. Die Straßenfront des Hauptflügels wurde 1876 im Zuge des Straßenausbaus zurückversetzt, wobei das Fachwerk leider verloren ging.
Ein einst an diesem Dorfplatz stehender mächtiger Fachwerkbau - die alte Post - musste wegen Kriegsbeschädigung 1945 abgerissen werden.
Der dem kleinen Platz seinen Namen gebende Brunnen wurde 1985 aus Basalt erbaut und zeigt Motive aus dem Weinbau, Landwirtschaft und Handwerk des Ortes. In der Krone sehen wir das Gemeindewappen, das dem Briedeler Gerichtssiegel von 1518 nachempfunden ist. Der Vorgängerbrunnen, eine Mosaikarbeit mit Darstellung der Weinlagen, konnte die notwendige Akzeptanz nicht finden und musste weichen, so wie er schon ein Kriegerdenkmal für 1813/1815 verdrängte.
Wir folgen der Hauptstraße bis zur Springiersbacherstraße. Dieser Straßenname erinnert an das ca 15 km von Briedel entfernt liegende Kloster Springiersbach, dessen Hof in früheren Zeiten möglicherweise an dieser Stelle gestanden hat. Die betreffenden Gebäude sind leider 1950 abgebrannt.
Etwas weiter ragt der mächtige gotische Giebel des Hauses Nr. 77 in die Höhe. Das dazugehörende linke kleine Nebengebäude stand an der Ringmauer und beherbergte viele Jahre das Gefängnis des Briedeler Hochgerichts.
Moselseitig der Hauptstraße sehen wir noch Überreste der südlichen Ringmauer.
Durch die Straße "Im Wallgraben" spazieren wir hinab zur Moselstraße und halten uns hier wieder links. An der Ecke zur Springiersbacherstraße steht ein mächtiges barockes Fachwerkhaus. Es war ursprünglich Wirtshaus und Herberge für die Halfen/Treideler (Moselschiffer).
Mit Blick auf die Kirche halten wir uns wieder in den Ortskern. Bei dem im 16. Jhd. erbauten alten Marienburger Hof handelt sich um den einzigen verbliebenen Briedeler und auch ansonsten in der Region sehr seltenen sogenannten Mittelständerbau. Auf 14 hervorkragenden Holzbalken ruhen die Obergeschosse. Der sicherlich vermögende und einflussreiche Bauherr konnte bisher noch nicht identifiziert werden. Gegenüber ein erst kürzlich liebevoll restauriertes Winzerhaus.
Das alte Rathaus von 1615, über dessen ursprünglicher offener Halle sich ein liebliches Fachwerkhaus erhebt, gab der Straßen ihren Namen. Das daneben liegende unscheinbare Steinhaus dürfte wohl als Vorratslager gedient haben und das älteste Gebäude in Briedel sein.
Diese Straßenecke, ein rechter Malerwinkel, zeigt Beispiele aus früheren Bauepochen. So ist Haus Nr. 3 typisch für viel Wohnraum auf kleiner Fläche, während bei Haus Nr. 5 eine große Lager- und Speicherkapazität bei der Konzeption ausschlaggebend war.
Wir gehen die Zehntstraße aufwärts und stehen, unterhalb des Brunnenplatzes, vor der Zehntscheune. Hier mussten die Einwohner von Briedel ihren Zehnten in Naturalien dem Kloster Himmerod abliefern.
Weiter durch das Gässchen "Auf der Bach" passieren wir einen imposanten Fachwerkbau aus 1752 und erreichen mit der Graf-Salm-Straße ein Kleinod von Briedel. Das Erkerhaus mit der Figur des Hl. Nepomuk, des Schutzheiligen der Schiffer und Bewahrer des Beichtgeheimnisses aus dem frühen 18. Jhd. zeigt verschiedene Hochwasssermarken. Man beachte besonders diejenige von 1784 und stelle sich vor, wie hoch damals das Moselwasser im Ort stand und welche Schäden dies immer wieder verursacht.
Es strahlt um die Wette mit dem gegenüberliegenden Haus Nr. 3, auf dessen Kellerwölbung die Hausmarke und das Baujahr 1593 verzeichnet ist. Die geschnitzte Rosette im Obergeschoss bezeichnet 1621 als das Errichtungsjahr des Fachwerkgebäudes und Johannes Schorn als den Bauherren. Wahrscheinlich wurde dieses Gebäude auf den Fundamenten des Neumünsterer Hofes errichtet, des schon 893 erwähnten Klosterbesitzes, den im Zuge der Reformation die Herren von Oberstein kauften.
Wenige Schritte hinein in die Elterhofstraße und wir stehen vor Gebäuden, deren Kellerwölbungen ausgezeichnet erhaltene historische Tonnengewölbe darstellen, die die Jahreszahlen 1595 und 1613 aufweisen. Es handelt sich um den Bezirk der Zehnthäuser derHerren von Esch und später der Grafen von Eltz. Die darüber liegenden Fachwerkhäuser harren noch der Freilegung.
Nun halten wir uns Richtung zur Moselfähre und gehen zum Balduinplatz. Hier auf diesem malerischen Winkel, dessen Name an den großen Trierer Erzbischof und Kurfürst Balduin von Luxemburg erinnert, halten wir inne und lassen das Erlebte und die Baugeschichte Briedels nochmals an unserem geistigen Auge vorbeiziehen. Eine Flasche Briedeler Herzchen hilft uns sicherlich dabei.

Als Ergänzung zu dem beschriebenen Rundgang bietet es sich an, den Eulenturm zu besuchen, um von dort - aus anderer Perspektive - den Blick über die reizvolle Dachlandschaft des alten Briedel und die darüber aufragende Kirche zu genießen.
Mehrere Rundwanderwege mit vielen interessanten Aussichten durch die Weinberge, durch die Wälder und Wiesen rund um Briedel sind ab Brunnenplatz ausgeschildert.

Drucken