Die Allmende

- das Gemeindemitgliederland -
auf der Briedeler Heck

Hermann Thur 11/2013

 

Schon die Kelten und Römer bauten auf der Briedeler Heck Getreide an und betrieben Viehzucht. Auf dem römischen Gutshof (villa rustica) - in der Nähe des heutigen Margarethenhofs gelegen - wurde intensiv Emmer (eine alte Weizensorte) und Dinkel angebaut. Über die in der Nähe vorbeiführende Ausoniusstraße versorgte er die Garnison in Mainz (Mogontiacum) und die römischen Truppen am Limes mit Getreide, dem damaligen Hauptnahrungsmittel der Soldaten.
(Siehe: Die römische Villa)

Nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches waren die Domänenländereien zunächst herrenlos. Unter den zuziehenden Franken war zunächst der König Herr über alle Ländereien und die Jagd, die er dann an seine verdienten Vasallen sowie Kirche und Klöster teilweise verschenkte, die dies dann in einem weiteren Schritt gleichfalls machten. Das Bedenken der Klöster diente dabei auch oft der standesgemäßen Versorgung der nachgeborenen Söhne und Töchter. Die einzelnen Orte bildeten Markgenossenschaften, d.h. sie nutzten die sie umgebenden Wälder und Weiden gemeinschaftlich. Entsprechend ihrer Einwohnerzahl und ihren Bedürfnissen nahmen sie das Land in Besitz, ohne damit jedoch die Oberherrschaft anzugreifen. Untersützt durch die sehr früh dominierende Macht des Bistums Metz und der Klöster dehnten die Briedeler ihre Gemarkung bis an die Gaugrenzen aus.

Die Briedeler Heck ist seit alters her umkämpftes Grenzgebiet. Schon die römischen Provinzen Belgica prima, Germania inferior und Germania superior trafen hier zusammen. Später waren es dann der Moselgau, der Nahegau und der Trechiergau, deren Grenzen dort aufeinandertrafen. Bei der Reichsteilung 843 kam Briedel zu Lotharingien, während Hahn, Altlay und Raversbeuren zu Austrien, dem ostgermanischen Reich zugeschlagen wurden. Diese Grenzen blieben weitgehend stabil und so stritten sich dann seit dem ausgehenden Mittelalter die Kurfürsten von Trier, die Rheingrafen bei Pfalz bzw. später die Grafen von Sponheim und die Markgrafen von Baden um die Herrschaft über das begehrte Ackerland und die ertragreichen Jagdgründe.
(Siehe: Briedel, der Grenzort)

Die Gemeinde Briedel besaß, wie oben angeführt, seit alters her diese großen Flächen Hoch- und Niederwald, die als Waldweide und Rotthecken (Lohhecken) genutzt wurden. Es handelte sich um altes Allmende-Land, heute: Gemeindegliedervermögen. Die Gemeinde ist jursitischer Eigentümer und hat freies Verfügungsrecht. Es ist Vermögen der Gemeinde, dessen Ertrag jedoch nicht ihr zusteht, sondern den nutzungsberechtigten Bürgern. Die Flächen wurden gemeinschaftlich genutzt (z.B. Weide), wobei je nach Nutzungsart abgegrenzte Einzelparzellen mittels Verlosung zur Einzelnutzung (z.B. Acker) zeitbegrenzt vergeben wurden.

Die Gemarkung war in 12 Rottbezirke eingeteilt und jährlich wurde einer der Bezirke stückweise an die Bürger zum Roden und Ackerbau für 3 Jahre verteilt (versteigert).
(siehe: Rottwirtschaft und Lohschälen)

Starkes Einwohnerwachstum und die verbesserte Möglichkeit, durch Anbau von Getreide Geld zu erwirtschaften, führte ab 1886 zu einem vermehrten Roden des Hochwaldes um mehr Ackerflächen zu bekommen. Anfang des 20. Jhdt. ließen die Erträge der Rottwirtschaft nach und die abgeernteten Rottstücke wurden vermehrt als Dauergrünland für Weideflächen belassen. Die Äcker lagen aber relativ weit vom Ort entfernt, sodaß die Beweidung überwiegend von Bauern der Nachbargemeinden erfolgte. 1918 wurde ein Briedeler Schafzuchtverein sowie ein Ziegenzuchtverein gegründet, um diese Flächen auch für einheimische Bürger besser nutzen zu können.

Gleichzeitig wurden um 1920 Teile des gemeindlichen Rottlandes in ca. 1-Morgen-große Parzellen aufgeteilt und gegen einen geringen güteabhängigen Kaufpreis an die nutzungsberechtigten Bürger der Gemeinde abgegeben. Die Verteilung erfolgte durch Verlosung, wobei Familien mit 5 Kindern ein zweites Los ziehen durften. 358 Mitbürger konnten sich über ihr neues Eigentum an 528 Parzellen erfreuen. Zweck war die dauerhafte Umwandlung in Ackerland und damit eine verbesserte Autarkie in der Nahrungsmittelversorgung der Briedeler. Im Grundbuch wurden alle von der Gemeinde abgegebenen Parzellen mit einer Dienstbarkeit belastet, die beinhaltet, dass ein Verkauf nur an Briedeler Bürger zulässig ist. Die Gemeinde behielt sich für alle Grundstücke ein Vorkaufsrecht vor, das bei einem Veräußerungsversuch an einen Nichtbriedeler ausgeübt werden muss. Damit sollte verhindert werden, das nach und nach altes Gemeindeland in auswärtige Hände gelangen sollte. Hierbei waren sicherlich die jahrhundertelangen juristischen Streitigkeiten über Weide- und Nutzungsrechte der Briedeler mit ihren Nachbargemeinden ausschlaggebend. Zur Durchführung der Vermessung-, Vermarkung und Verteilung bediente sich die Gemeinde der Siedlungsgesellschaft Rheinisches Reim GmbH in Bonn, die vom Kulturamt Bernkastel unterstützt wurde.

1927 verkaufte die Gemeinde - nicht unbedingt freiwillig - 226 Hektar Niederwald und Weideland an den preußischen Staat zum Aufbau einer staatlichen Musterdomäne und eines Kreis-Schulungsgutes.
(siehe: Die Siedlung Maiermunderhof)

Wenige Jahre später erwarb denn die Siedlungsgesellschaft Rheinisches Heim weitere 90 Hektar von der Gemeinde. Auf dieser Fläche sowie weiteren 76 Hektar, die von der Domäne abgetrennt und schon im Besitz des Kreises waren, - der Bau des Kreis-Schulungsgutes hatte sich zerschlagen- , entstand dann ab 1935 auf 152 Hektar die 10 Siedlungshöfe der Briedeler Heck. Weitere 30 Hektar wurden zur Aufstockung an Bauernbetriebe des Nachbarortes Hahn zugeteilt. Dabei wurden auch ca. 60 Morgen des 1920 verteilten Allmende-Landes wieder den Privatleuten gegen eine geringe Entschädigung entzogen. Auslöser dieses Siedlungsverfahrens war der Wusch der Gemeinde, 10 - 15 Briedeler Bürgern den Aufbau einer landwirtschaftlichen Existenz zu ermöglichen, denn dies war in der Enge des Moseltales nicht mehr möglich. Auch die Existenzgründung als Winzer war in der zunehmenden Bevölkerung und dem - auch durch die Realteilung des Grundbesitzes erfolgte Zersplitterung - geringen Weinbergsangebot nicht mehr ausreichend vorhanden. Von den zunächst 30 Bewerbern fand letztendlich nur einer seinen neuen Lebensmittelpunkt auf der Höhe.
(siehe: Siedlung Briedeler Heck;
siehe: der Reichsarbeitsdienst und der Bau der Briedeler Heck).

Die Verkaufserlöse wurden zinsbringend auf der Bank angelegt, da eine Investition z.B. in eine Brücke, nicht genehmigt wurde und man mit dem Bau eines Gemeindehauses nicht zurande kam. Die Inflation hat danach alles vernichtet.

Planungen zum weiteren Siedlungsbau 1938 wurden durch den Krieg an der Umsetzung gehindert. Die Nahrungsmittelknappheit nach dem 2. Weltkrieg führte jedoch zu einer Wiederbelebung der Siedlungsaktivitäten. Aus dem für die Domäne vorgesehenen Areal standen noch 50 Hektar ungerodet zur Verfügung. Die Gemeinde sollte nunmehr weiteres Ackerland abgeben. Zu den vorgesehenen Flächen gehörten auch die 60 Morgen, die die Gemeinde 1938 als Ausgleich für die 1934 zum Siedlungsbau eingezogenen Privatäcker im sogenannten "zweiten Zug" bereitgestellt hatte. Viele Bürger sahen diesen Ausverkauf des Gemeindelandes (Allmende) mit gemischten Gefühlen.

Bald zeigte sich jedoch, dass diese Äcker des zweiten Zuges zu weit vom Ort entfernt lagen (12-15 km) und mit den Kuhfuhrwerken nur nach stundenlangem An- und Heimweg erreichbar waren, denn Traktoren waren noch rar und auch langsam. Desweiteren fehlte später den Kriegerwitwen ausreichende Arbeitskraft, um das Roden und Urbarmachung zu bewerkstelligen.

Ein erneuter Einzug dieser überwiegend noch ungerodeter ehemaliger Rotthecken war jedoch nur vermeidbar, wenn diese schnellstmöglich in Ackerland umgewandelt und zur Nahrungsversorgung der Briedeler benötigt wurden. Dieses gelang dann glücklicherweise mit der Gründung der Landwirtschaftlichen Betriebsgenossenschaft. Der LBG gelang es in den Folejahren, die Äcker des zweiten Zuges und viele weitere Grundstücke der Briedeler Winzer auf der Briedeler Heck zu einem einheitlichen Bewirtschaftungsbereich zu vereinen und damit das Eigentum der Ureinwohner zu sichern.
(siehe: die landwirtschaftliche Betriebsgenossenschaft Briedel)

Ab 1952 wurden dann auf dem verbliebenen Restgelände und weiteren von der Gemeinde abgegebener Wald- und Wiesenparzellen die Siedlung Hohestein mit 3 Höfen und die Siedlung Maiermund mit 6 Höfen errichtet.

Die grundbuchliche Überschreibung der Parzellen aus der 1920er Verteilung wurde durch den Siedlungsbau und dann durch den Krieg immer wieder verzögert, sodass erst 1954 die grundbuchliche Übeschreibung an die - nun durch Erbteilung etc. vermehrten 406 Beteiligten - durchgeführt werden konnte. Die grundbuchliche Überschreibung der Allmende-Parzellen des "zweiten Zuges" war durch den erneuten Siedlungsbau dabei noch nicht möglich. Sie war immer wieder Thema auf den Generalversammlungen. Aus der Mitgliederversammlung 26.1.1964: "Da die Allmende-Parzellen des zweiten Zuges im Grundbuch noch auf die Gemeinde verzeichnet sind und daher keine Steuern etc. an die Gemeinde fließen, sollen diese baldmöglichst umgeschrieben werden. Für die Zwischenzeit wird die Genossenschaft der Gemeinde einen entsprechenden Betrag zahlen und diesen anteilig umlegen. Eine Vermessung und Vermarkung der Einzelgrundstücke soll bis zur Auflösung der LBG zurückgestellt werden, da dieses nur zu unnötigen Mehrkosten führen würde. Eigentümer, die aus der Genossenschaft ausscheiden und ihre Äcker selbst bewirtschaften wollen, können dies unter Nutzungseinschränkungen tun". Im Laufe des Jahres 1965 beschloss der Gemeinderat dann, die Parzellen vermessen und vermarken zu lassen. Einwände der LBG gegen die unnötigen Doppelkosten einer Versteinung (steinerne Grenzmarken) wurden zurückgewiesen. Nach langen Jahren der Diskussion und Bearbeitung - durch Erbfälle etc. waren die Besitzansprüche jedoch teilweise ungeregelt - kam es 1971 endlich zu einer Vermessung der Flächen. Da eine komplette Vermessung und Einzelvermarkung zu teuer war und auch durch den großflächigen Anbau die Grenzsteine sicherlich bald wieder verloren wären, wurden nur die Umrisse der einzelnen Schläge (Flächen jeweils innerhalb der Wege) aufgemessen und die neuen Eigentümer zum Bruchteil (z.B. 7/293) als Miteigentümer eingetragen. Als Anlage zu diesem Übergabevertrag wurde ein Lageplan gefertigt, der die Lage des jeweiligen nummerierten Einzelgrundstücks ausweist. In den Verträgen und durch Eintragung einer Belastung in Abt. II des Grundbuchs wurde ferner festgelegt, das die Grundstücke in die Landwirtschaftliche Betriebsgenossenschaft eingebracht und von dieser bewirtschaftet und verwaltet werden. Beim Ausscheiden aus der Genossenschaft haben die Miteigentümer nur Anspruch auf eine ihrem Besitz entsprechende Fläche am Rande des Schlages, damit eine wirtschaftliche Bebauung des Gesamtareals durch Austritte und damit Bildung eines Flickenteppichs, nicht behindert werden kann. Erst bei Auflösung der Genossenschaft besteht ein Anspruch auf die Original-Parzelle.

Die Hahner Bürgern gehörenden Flächen wurden im Rahmen einer Flurbereinigung in die Gemeinde Hahn umgemeindet. Danach entspricht die neue Gemarkungsgrenze heute im Groben den Forderungen, die die Gemeinde Hahn schon im 15. Jhdt. in verschiedenne Prozessen erhob.

Die Entwicklung in der Landwirtschaft führte in den letzten Jahren zu einer hohen Konzentration der Betriebe. So hat die LBG Briedel ihre Ackerflächen auf der Briedeler Heck im Block verpachtet und auch nur noch wenige Siedlungsbetriebe betreiben intensiv Ackerbau und Viehzucht.

Bestrebungen um 1960, die Siedlung in eine eigenen selbständige Gemeinde auszugliedern, konnten nicht umgesetzt werden. Heute nennt uns die Statistik für die Briedeler Heck 798 Hektar Ackerland und 196 Hektar Dauergründland.
Die gesamte Gemarkung von 2.660 Hektar, davon 1.291 Hektar Wald ist in 5 Jagdbezirke unterteilt, die an private Jäger verpachtet sind.

Planungen, durch Bau von Windkrafträdern die Rendite für die Eigentümer und die Gemeinde zu erhöhen sind leider gescheitert. Die Lage im Einflugbereich des Flughafens Hahn bzw. in der Sichtachse der Mosel-Landschafts-Schutzverordnung lassen keine hohen Baumaßnahmen zu.

Die Gemeinde Pünderich hatte gleichfalls ihre in der Gemarkung Briedel liegende Allmende, überwiegend Rotthecken, zur Urbarmachung an ihre Bürger verteilt. Auch diese gründeten zur Rodung und Bebauung eine Genossenschaft, die ihre Flächen heute auch verpachtet hat und nicht mehr eigenständig bewirtschaftet. Die Herkunft dieser "Pündericher Exclave" innerhalb der Briedeler Gemarkung ist noch unklar. Wahrscheinlich liegt der Kern in den von den Sponheimer Grafen auf der kurfürstlichen Briedeler Heck beanspruchten Jagdrechten im Bezirk Mutzig, dessen Ausdehnung nach den alten Karten in etwa diesem Gebiet entspricht. Seit 1464 sind immer wieder Besitz- und Jagdstreitereien darüber ausgebrochen, die erst 1823 ihr Ende fanden.

Quellen:
Gemeinde Briedel: Siedlungsakten, Protokollbücher und Chronik.
LBG Briedel: Protokollbücher und Akten.
Akten im Landeshauptarchiv
weitere Quellen siehe in den aufgeführten Aufsätzen des Autors